*Forschungsprojekt SEOS_2063*

Eine Fanstory von Matthias Scharf
(2006)
Die Macht der Kristalle
Seite 3/9


 

Seither hatte John seine gesamte Kraft und Zeit in das Projekt zum Sammeln des Wissens gesteckt. Das war sein Lebenssinn. Selbst während der Giant-Invasion soll er seine Aufgabe im Schloss fortgeführt haben. Die vergangenen Jahre hatte er zusätzlich für ein Online-Studium in Astrophysik genutzt und zu einem Abschluss gebracht.
Vor einiger Zeit nun hatte die Regierung den Nutzen dieses Schaffens im Infopedia-Projekt erkannt und es in ein offizielles Forschungsprojekt unter seiner persönlichen Leitung umgewandelt. John McWarren war heute Ende Zwanzig und hatte jetzt endlich, zum ersten Mal im Leben, mit seiner Vision ein eigenes Einkommen.

John hustete verhalten und begab sich wieder in den Technik-Raum. Die Aufgabe musste fortgeführt werden. Er nahm sich jedoch vor, den Forschungsminister noch einmal eindringlich an die Bereitstellung von vernünftigen, langlebigen und belastbaren Speichermedien zu bitten. Wie sollte er mit diesem Schrott sein Ziel erreichen. Die Regierung musste endlich eine Möglichkeit schaffen, das Wissen unangreifbar zu speichern.

Im Technikraum roch es weiterhin nach Elektroleiche, der Geruch kratzte im Hals. Er lies sich schwer auf seinen Stuhl fallen und sah sich die Daten des nächsten Komplexes zum Thema „Herstellung von neuartigen elektro-optischen Bauelementen mit gezielt eingestellten Eigenschaften - Molekularstrahl-Epitaxie“ an. Einige Konzerne der Erde forschten auf diesem Gebiet, unzählige Institute hatten sich, in der Hoffnung auf Sponsoren, auf diesem Gebiet betätigt. Deshalb waren viele Informationen über Forschungsergebnisse zusammenzutragen. John konnte sich nur schwer vorstellen, wofür eine „Molekularstrahl-Epitaxie“ von Nutzen war. Schade um die vorhin verloren gegangenen Dateien, aber egal, neue Aufgabe – neues Ziel.

Die verlorenen Daten des Crashs würde ein Student als Hilfskraft erneut bearbeiten müssen. Also weiter ......

*

... Electronion Forschungswerkstätten Havanna / Kuba - wenige Monate später...

Das Heulen der Sirene machte auch den letzten Mitarbeiter hier in den Forschungswerkstätten darauf aufmerksam, dass irgendwo in den Labors ein Versuch das falsche Ergebnis gebracht hatte.
Die meisten Mitarbeiter liefen schon zum Block B, von wo auch schon Rauchschwaden zu sehen waren. Im Flur vor einem Labor stand eine Menschenmenge und diskutierte heftig. Durch das Sicherheitsglas des Sichtfensters konnte man in ein Werkstattlabor sehen, in dem es gebrannt hatte. Die automatische Löschanlage hatte den Brand sehr schnell und sicher gelöscht. Es war das Labor von Professor Reginald Schlomo Fitzpatrick, der allgemein nur als der „verrückte Proff“ oder einfach als „Schlomo“ bezeichnet wurde.
Inmitten der Menge fuchtelte ein Mann mit den Armen. Sein halbergrautes Haar, wie immer ungekämmt, war wirr und stand nach allen Seiten ab. Rauchfahnen kräuselten sich noch an einigen Haarspitzen, als Beweis dafür, dass der Wissenschaftler nahe am Versuchsergebnis daran gewesen war. Seine Lautäußerungen waren den Meisten hier unverständlich.

„Ui, ui, ui, der Faden brennt, he, he, he!“ Dabei kicherte er noch leise.

Proff Schlomo war ein untersetzter Mann, Ende Fünfzig. Außer der markanten Haarpracht zierte eine altmodische Brille, mit kleinen runden Gläsern in einem schwarzen Metallgestell, sein Gesicht. Obwohl für die moderne Chirurgie Augenoperationen mit Laser nur eine kleine Übung waren, bestand Schlomo auf seiner Brille. Diese Brille assoziierte er mit einer Romanfigur der Vergangenheit – mit Harry Potter so, als könnte er zaubern. Auch seine Bekleidung war altmodisch, sie bestand aus Leinenhose, Baumwollhemd und Strickpullover, an dessen Enden lose Fäden hingen. Professor Reginald Schlomo Fitzpatrick war also ein sehr kauziger Typ, der oft unterschätzt wurde. Er war überaus unbeliebt weil er ständig zu Alleingängen und unkontrollierten Handlungen neigte. Viele sahen eine Gefahr in ihm, dennoch konnten nur Wenige ihm mit ihrem Wissen das Wasser reichen. So stand Professor Reginald Fitzpatrick für den absoluten Chaoten und Proff Schlomo für den genialen Wissenschaftler.
Der Entwicklungsleiter der Electronion Gesellschaft bahnte sich einen Weg durch die Menschen und stellte Proff Schlomo zur Rede: „Was haben Sie getan? Sie zünden hier noch alles an?“ Dr. Rodrigo Santiago war ziemlich ungehalten: „Sie kommen jetzt mit und erklären der Leitung ihr Tun!“ Wenn ein Mann wie er von der Leitung sprach, meinte er natürlich sich selbst. „Und Sie alle gehen jetzt wieder an ihre Aufgaben, die Gefahr ist vorüber! Hurtig, Hurtig, Hurtig!“ Aus dem Mund dieses Mannes klang das einfach nur albern, aber die Menge löste sich auf.

 

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