Zurück im Werkstattlabor machte er sich gemeinsam mit seinem kubanischen
Helfer daran, das Testergebnis zu analysieren. Nach kurzer Zeit sah
er klarer, er hatte mehrere seiner Kristalle, die mit dem Regravidum
auf unterschiedlichen Silikaten gezüchtet worden waren, zusammen
geschaltet. Um die Eigenenergie zu erhöhen hatte er einfache Fotoelemente
eingebaut, die die elektrische Spannung lediglich leicht erhöhen
sollten.
Proff Schlomo, nun wieder genialer Forscher, nahm diese Erkenntnis als
Grundlage seiner weiteren Forschungen.
So wurden die Kristalle auf unterschiedliche Weise angeordnet, mit viel
und wenig Energie versorgt und mit verschiedener Silikatgrundlage oder
einheitlich zusammengestellt. Die Anordnung der Kristalle in Reihe oder
Parallel brachte kaum Effekte. Erst die räumliche Anordnung zu
kubischen oder hexagonalen Gittern ermöglichte eine weitaus größere
Speicherkapazität der Kristalle.
Nach zehn Tagen intensiver Forschung, die auch die beiden Forscher zusammengeschweißt
hatte, stand fest, dass die Hexagonale Anordnung der Kristalle das beste
Ergebnis lieferte. Als Schlomo dann wieder versuchte, die Energiezufuhr
über die Fotoelemente zu erhöhen, kam es erneut zu einer Veränderung
der Kristallverbindung. Nach Wärmeentwicklung und anschließendem
Kurzschluss konnte er erkennen, dass sich die Kristalle zu einem stabilen
Wabengitter verbunden hatten. Diese sehr feste Struktur brachte eine
potenzielle Erhöhung der Speicherkapazität mit sich.
Das war der Durchbruch, Professor Reginald Schlomo Fitzpatrick hatte
den Speicherkristall erfunden.
In Vorbereitung der Patentanmeldung wollte er natürlich wissen,
wie viel Kapazität sein Speicherkristall in der kleinsten Struktureinheit
besaß. Und so begannen er und sein Praktikant den Speicher zu
füttern. Anfangs wurden Texte gelesen, elektronische Daten eingegeben,
statische visuelle und bewegliche Bilder hinzugefügt und mathematische
Abhandlungen einer Universität gespeichert. Der Speicher schien
unersättlich.
Schlomo war ratlos, was sollte er noch alles eingeben. Der Stoff war
ihm schon längst ausgegangen. Er legte eine Hand auf den Versuchaufbau
und wollten den staubkorngroßen Speicherkristall mit dem Zeigefinger
ertasten. Sein Speicherkristall, sein Baby, dachte er gerade als ein
Kribbeln sich vom Finger über den Arm in seine Nervenbahnen zog
und sich in seinem Kopf breit machte ......
..... Das Wissen ist unsichtbar, nicht greifbar aber allgegenwärtig.
Es steckt im eigenen Körper, in meinem Kopf, in meinen Gedanken
und beeinflusst sogar mein Handeln. Durch diese Erfahrung habe ich das
Gefühl entwickelt ein Gefangener im eigenen Körper zu sein,
lebendig gefangen in einem Käfig, aus dem es kein Entrinnen mehr
gibt.
Doch das ist nicht alles, denn es gibt da noch etwas Anderes…
Ich kann plötzlich Dinge verstehen, die ich niemals zuvor verstehen
konnte. Meine Augen zeigen mir die Dinge, die mir bis heute verschlossen
waren, aus einer anderen Perspektive. Ich sehe energetische Ströme,
grafische Feldlinien und habe sogar eine Antwort wenn ich mir die Frage
stelle, was diese Dinge darstellen und bedeuten. Mein menschlicher Verstand
ist nun fähig, die Einzelheiten zu begreifen, die ich zuvor nur
mühsam erahnen konnte. Mein Intellekt ist in kürzester Zeit
gereift und ich habe den Verdacht, dass mir dieses Wissen zugetragen
wurde.
Außerdem bin ich nicht mehr allein auf dieser Welt, sondern meine
Persönlichkeit ist Teil eines größeren Ganzen, was ich
zu den angenehmen Erfahrungen zählen möchte.
Das Wissen gibt mir die Freiheit eigene Entscheidungen zu treffen und
integriert mich in seine Funktionskreisläufe. Doch ich will nicht
undankbar sein, denn es gibt mir im Gegenzug auch Erkenntnisse, neue
Fähigkeiten und ungeahnte Einblicke.
Ja, diese Struktur hat tatsächlich so etwas wie ein Bewusstsein,
doch sie ist auf der anderen Seite auch nicht vollkommen lebendig. Sie
zapft mein Gehirn an, ernährt sich von meinen Emotionen, um selbst
eigenes Wissen hervorbringen zu können. Sie verlangt nach INPUT
und will immer mehr INPUT.
Ich gebe ihnen, was Sie wollen, INPUT. Die Kristalle und ich bilden
eine Art Symbiose, doch um welchen Preis? Längst habe ich verstanden,
dass mein Leben niemals mehr so sein wird, wie zuvor. Seltsamerweise
empfinde ich bei diesem Gedanken keine Angst oder Reue.....
Diese Empfindungen waren einmalig, Proff Schlomo empfand so etwas zum
Erstenmal. Als er diese Erkenntnis seinem Studenten mitteilte, kam dem
eine entscheidende Idee. Im Weltinformationsnetz wurde im Rahmen einer
Initiative an der Sammlung von Daten und Wissen gearbeitet. Mit dem
Infopedia hatte er schon oft Themen recherchieren können. Proff
Schlomo und sein kubanischer Helfer begannen Themen und Daten aus dem
Infopedia in einen Speicherkristall einzugeben und die maximale Speicherkapazität
zu ermitteln. Sie waren erstaunt, wie viel Informationen und Daten der
Kristallchip erfassen konnte. Seine Speicherkristalle waren einmalig,
so klar und fest, die Wabenstruktur so einheitlich, die Speicherfähigkeit
enorm. Er fühlte sich wie ein Genie.