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Auf dem Weg
In der Nacht hatte es sich kaum merklich abgekühlt.
Auf Grund der Neigung des Planeten gab es hier nur geringe klimatische
Unterschiede. Ein lauer Wind zeugte von den geringen Luftbewegungen
und ein Teil der hohen Luftfeuchtigkeit hatte sich als Tau auf den Blättern
abgesetzt.
Im Morgengrauen, dass seltsam purpurfarben war, erhoben sich die drei
Forscher des Außenteams von ihrem Nachtlager. Das Frühstück
bestand aus einem Konzentrat-Riegel, der alles beinhaltete, was der
menschliche Körper für zwölf Stunden nötig brauchte.
Flüssigkeit gab es in Ampullen dreimal täglich. In ihren Kombinationen
waren die Vorräte für drei Tage in Seitentaschen eingesteckt.
Die Kombinationen der Forschungsgruppen waren als kleine Vorratskammern
gestaltet.
Die Drei gingen immer den Fluss entlang in die Richtung eines der höheren
Tafelberge. Der Fluss wand sich in Schlangenlinien zwischen den Bergen
hindurch, so dass die Forscher nicht den direkten Weg in Richtung des
Signals gehen konnten. Entlang des Uferrandes wuchs ein pinkfarbenes
Gras, dass die Höhe von Bambus erreichte und sich sicher gut zu
Flöten verarbeiten lies. Der Uferstreifen war recht schmal, deshalb
musste das Team wie die Gänse hintereinander gehen. Der Dschungel
hatte sich an manchen Stellen bis in seichte Flussstellen ausgebreitet,
weshalb sie über kniehohe Wurzeln steigen oder sich an den Graswedeln
vorbei zwängen mussten.
Immer vorweg UHG, der die Messgeräte beobachten und den Weg weisen
sollte, gefolgt vom Teamleiter, Dave Koso, und hinter ihm Hajo. Als
der Fluss wieder einmal die Richtung nach links änderte, ging UHG,
in die Messgeräte vertieft, gerade aus weiter. Ein leichter Schlag
auf die Schulter brachte ihn in die Wirklichkeit zurück.
„Mensch UHG, träume nicht, sonst fällst du wieder“,
holte Dave seinen Mitarbeiter in Wirklichkeit zurück. „Wie
weit ist das noch?“, fragte er ihn. UHG antwortete mit leicht
verstimmtem Unterton: „Der Impuls kommt von dort vorn, aus dem
flachen Berg.“ Ich bekomme auch keine anderen Signale mehr herein“,
fügte er noch hinzu. „ Alles wird überlagert, die Kommunikation
und sogar die Live-Logs“, sagte er besorgt.
Die Live-Logs waren kleine Sender aus nogk´scher Nanotechnologie,
die wie ein Schmuckstück an der steingrauen Kombination getragen
wurden. Die Geräte nahmen die persönlichen Vitaldaten ihres
Trägers auf und sendeten diese impulsartig als Protokoll an den
Suprasensor und fungierten so gleichzeitig als Peilsender.
Bei Missionen wie dieser konnten die Mitarbeiter jederzeit angepeilt
und ihre Gesundheit überwacht werden. In Notfällen war so
eine rasche Hilfe möglich.
Eine Unterbrechung des Peilstrahls an das Scoutboot war ein besonderes
Ereignis, das die Mannschaft bemerken würde. Die Leiterin der Forschungsgruppe
war verpflichtet, dann unverzüglich Hilfsmassnahmen einzuleiten.
Dave musste das verhindern, denn er wollte jetzt unbedingt den Ortungsimpuls
erkunden. Seit dem Vorabend zog es ihn magisch an.
Bereits nach dem Ende der Nacht hatte Dave versucht, Kontakt aufzunehmen.
Er hatte das Nichtzustandekommen auf die dichte Vegetation des Dschungels
geschoben, und war dann weitergegangen, um den Auftrag zu erfüllen.
Jetzt hatten sie bereits mehr als fünf Kilometer zurückgelegt.
„Wir brauchen Kontakt, UHG“ , forderte Dave schnell. „
Komm, mach was!“ Dave sah deutlich, wie Ulysses sich bemühte,
ein angespannter Ausdruck trat in sein Gesicht. Das Multifunktionsgerät
stellte fest, dass die Kommunikationsfrequenzen von Signalen der Umgebung
neutralisiert wurden. Je mehr die Signale verstärkt wurden, desto
mehr wurden sie auch wieder neutralisiert. Erst im oberen Energiepegel
war die Überlagerung nicht mehr so dominant. UHG versuchte erneut
den Energielevel zu verstärken und die Störungen zu filtern.
Hektische
Eingaben zeugten von seinen Bemühungen.
„Ich habe sie“, rief UHG spontan aus, als plötzlich
der Kontakt zustande kam. Die Hintergrundfrequenzen waren verschwunden,
der Peilstrahl der Live-Logs stand auf normalem Niveau und alle Anzeigen
des Multifunktionsgerätes hatten die üblichen Werte angenommen.
Es war sehr ruhig geworden um sie herum. Das
Flimmern und Singen hatte nachgelassen, die Unruhe in Dave trat in den
Hintergrund. Allein das Signal der unbekannten Energiequelle blieb dominant.
„Solveig Björgstad, bitte kommen“, versuchte Dave eine
Kommunikation über das Armbandvipho. „Hier Dave Koso......
*
Das Unternehmen entwickelte sich nicht so, wie es geplant
war. Es entwickelte sich eine gewisse Eigendynamik, die Sie nicht vorhersehen
konnte, und die immer wieder durch neue Faktoren beeinflusst wurde.
Solveig Björgstad sah besorgt auf die Konsolen. Eine Sorgenfalte
hatte sich auf ihrer Stirn breitgemacht und verunstaltete das schöne
schmale Gesicht. Hellblaue, mandelförmige Augen, eine zierliche
Nase und ein schmaler Mund zierten es und verliehen ihr eine gewisse
Schönheit. Wenn sie lächelte, entstanden zwei kleine Grübchen
auf ihren Wangen. Sie war norwegische Europäerin und trug ihr dunkelblondes
Haar etwa schulterlang, was immer wieder nervte, wenn ein paar hellblonde
Strähnchen von den Schläfen in ihr Gesicht fielen. Ein Zeichen
ihrer Nervosität war das Wegstreichen der Haarsträhnen hinter
die Ohren. Mit ihren 1,75 Metern war sie nicht die größte
Frau Terras, aber ihre schlanke Gestalt unterstrich ihre wohlgeformte
Oberweite. Sie entsprach schon dem Schönheitsideal der Terraner,
was ihr manchmal Vorteile verschaffte, wenn es galt, eine Entscheidung
gegen die männlichen Kollegen durchzusetzen. Dessen war sie sich
bewusst. Diesen optischen Vorteil konnte sie noch unterstreichen, wenn
sie die üblichen Raumfahrerkombinationen trug. Allein die orange-rote
Farbe der Einsätze in der Kombi eines Forschungsgruppenleiters
wirkte hier aufreizend und die wurde noch verziert durch das Live-Log,
dass sie keck auf Höhe der linken Schulter über der Brust
angebracht hatte, um es wie eine Verzierung aussehen zu lassen.