Die dichte Vegetation verhinderte, dass sich ein Transportmittel
auch nur in die Nähe des Außentrupps begeben konnte. Deshalb
waren sie ja zu Fuß unterwegs.
Petr nahm seinen Platz ein, und nahm einige Schaltungen vor. „Die
Vitaldaten der drei Teammitglieder, werden stark überlagert und
können nicht mehr wahrgenommen werden. Alle Frequenzen der Kommunikation
sind ebenfalls überlagert;“ gab der Suprasensor seine monotone
Antwort. Er versuchte den Energielevel zu erhöhen und die wichtigen
Frequenzen zu filtern. Hauptrechner Rick unterstützte die Aktionen
des Funkers und gab immer wieder Kommentare ab.
Solveig hatte bei diesen Aktivitäten nichts zu tun, sie musste
abwarten und Entscheidungen treffen; nur das Mäusekino zeigte die
Aktivitäten des Funktechnikers noch optisch an. In Gedanken war
sie bei Dave und den Anderen. Das rechte Seitenfenster des Scoutbootes
zeigte auf einer variierten Karte des Planeten den zurückgelegten
Weg der Drei vom Standort bis zum letzten georteten Signal. Rick fügte
entsprechend der gespeicherten Daten immer ein Stück roter Linie
hinzu und malte so den Weg auf den Schirm. Dann ein Aufblinken auf der
Karte...
„Ich habe sie“, unterbrach Petr ihre Gedanken, „ich
habe ihre Peilsender geortet. Versuche jetzt den Kontakt herzustellen.“
„Wo sind sie? Daten auf den Schirm, Petr!“, forderte sie
den Funker auf.
Der Sichtschirm am Frontfenster des Scoutbootes zeigte nun eine Karte
der Gegend westlich vom Landeplatz. Der Aufenthaltsort war hellgrün
gekennzeichnet und mit Koordinaten versehen, die die Planetendaten in
relativer Beziehung zum Standort des Beibootes angaben. Die drei Kollegen
waren jeweils als roter Punkt dargestellt. Eine geographische Karte
bildete den Hintergrund.
Die Drei waren immer den Fluss entlang, in die Richtung eines der Tafelberge
gegangen, die seltsam abgeflacht wie Kegelstümpfe aussahen. Das
bestechendste Merkmal gerade dieses Berges war die üppige Vegetation,
die von dort auszugehen schien.
Am Sichtschirm konnte Solveig erkennen, dass die Kollegen sich nicht
weiter bewegten. Die roten Punkte waren zum Stillstand gekommen.
Plötzlich wurde sie durch den Zwischenruf des Funkers aufgeschreckt:
„Da sind sie.“ Dem war ein Flackern der Anzeigen, plötzliches
Durcheinander auf dem Sichtschirm und das verwischen der Farben vorausgegangen,
nur wenige Augenblicke lang.
„Smotrie, poschalsta! Sehen sie“, forderte Petr sie auf.
In Situationen der Anspannung benutzte er manchmal Wörter seiner
alten Landessprache, die er dann im Angloter wiederholte. Jetzt sah
sie es auch, die roten Punkte pulsierten. Die Hintergrundfrequenzen
waren verschwunden, der Peilstrahl der Live-Logs stand auf normalem
Niveau und alle Anzeigen hatten die üblichen Werte angenommen.
Sogar der Funk zum Mutterschiff funktionierte wieder als wäre nichts
gewesen.
Petr zeigte sein bestes Lächeln. Es drückte
den Stolz darüber aus, dass er es geschafft hatte, die Verbindung
herzustellen, auch wenn er nicht genau wusste, was geschehen war.
Es war der Stolz eines Volkes, das in den Sechziger Jahren des vergangen
Jahrhunderts den ersten Menschen von der Erde in das Weltall schickte,
und in den siebziger und achtziger Jahren den Aufbau von ständigen
Stationen im Weltraum forcierte, auch wenn das vor dem Hintergrund eines
drohenden Krieges – im Kalten Krieg – geschah, an dem sie
selbst Mitschuld hatten.
Es war der Stolz von Menschen, die sich von der ersten internationalen
Raumstation - ISS - bis heute, für die Eroberung des Weltalsl eingesetzt
hatten, obwohl die wirtschaftliche Situation der Region katastrophal
war. Das Interesse der Russen für die Erkundung des Universums
saß tief in den Menschen, wie man an Petr sehen konnte, denn Russen
wurden schon als < Kosmonauten > geboren.
Solveig bekam eine Gänsehaut, als die Stimme vernahm. „Solveig
Björgstad, bitte kommen“, hörte sie Dave über das
Vipho rufen. „Hier Dave Koso. Bitte melde dich!“ „Dave,
endlich“, Erleichterung machte sich in ihr breit, „Was ist
bei euch los? Bericht, bitte!“ Dave gab ihr einen Bericht ab,
durch den sie die Lage der drei Mitarbeiter verstand. Mit eindringlichen
Worten bat er darum, die Expedition fortführen zu dürfen.
Er sah keine Gefahr für Leib und Leben und wollte unbedingt den
Grund für das starke Signal erkunden. Sie wurde das Gefühl
nicht los, dass er ein dringendes Interesse am Erfolg seiner Mission
hatte. Das Regravidum schien er schon vergessen zu haben. Mit keinem
Wort wurde der ursprüngliche Plan erwähnt. „Ich muss
dahin, Solveig, Chefin, bitte“, beendete er das Gespräch
mit ihr.
Sie musste noch einmal nachdenken, ehe sie ihm ihre Entscheidung mitteilen
konnte. Augenblicke verrannen. Scheinbar gab es keine Gefahr hier auf
Bluedshungel, trotzdem waren einige Ereignisse mehr als mysteriös.
Dass die Pflanzen dem Trupp den Weg versperrten, ja ihn sogar zwangen
einen anderen Weg zu nehmen, dass die Frequenzen überlagert und
gestört wurden und natürlich das starke unbekannte Signal
waren Dinge, die sie unbedingt klären mussten. Sie sah ein, dass
der Erkundungstrupp näher am Ziel und damit besser in der Lage
war, die Geheimnisse zu klären. Dave musste einfach die Geheimnisse
lüften. Und so gab sie ihr Einverständnis zur Fortführung
der Erkundung. Sie war jetzt auch etwas ruhiger geworden und würde
abwarten können. Dave würde das schon machen, ihr Vertrauen
in Ihn war fast unendlich. „Rick!“, aktivierte sie das elektronische
Protokoll, „Handlungsroutine 55 beenden! Das Außenteam ist
laufend zu beobachten, die Mission wird fortgeführt!“
Solveig musste sich setzen; sie stellte sich vor, wie Ihr Dave jetzt
durch den Dschungel marschierte... Ja, Sie hatte sich in diesen jungen
Amerikaner verknallt wie ein Teenie; er sah ja auch blendend aus. Dabei
war es erst wenige Monate her, dass ihr Lebenspartner Eric in den Kämpfen
gegen die Robotflotte des „Volkes“ umgekommen war. Eric
war Techniker auf der Ventura, einem der neuen Ovoid-Ringraumer, gewesen.
Bei den Kämpfen um die Erde war der Raumer erst beschädigt
und später ganz vernichtet worden. Geblieben war ihr nur ein Brief
mit der Unterschrift von Marschall Bulton; Sie sah immer wieder diesen
Brief mit dieser Unterschrift vor sich, den Brief und die Unterschrift...