Die Halme waren jetzt etwa einen Meter hoch. Sie wuchsen entlang des
Energiefeldes in die gewünschte Form. Wuchs ein Halm etwas langsamer
– Inhomogenitäten des Materials, des Bodens also, wirkten
sich jetzt aus - , wurde das Spannungsfeld durch das Gerät korrigiert.
So beeilte sich der Halm mit dem Wachsen und würde die anderen
einholen, aber das war immer so. Das Wachstum setzte sich entlang des
Energiefeldes fort.
Inzwischen hatten die Halme die nötige Länge erreicht. Eben
erreichte der erste Halm den höchsten Punkt. Er wuchs zum entgegengesetzt
stehenden Halm, bis die Spitzen sich berührten. Ein Funke, ein
leichtes Zischen – Helligkeit breitete sich aus. Sie wuchsen ineinander
und waren dann wie verschweißt. Alle anderen Spitzen wuchsen nun
zur Mitte und verschmolzen miteinander, so dass ein kuppelförmiges
Gebilde aus Halmen entstand.
Der Schweißfunke war zugleich das Signal, das die zweite Phase
des Wachstumsprogramms in Gang setzte.
Das Längenwachstum wurde jetzt abgelöst durch verzweigendes
Wachstum in die Breite. Aus allen Halmen sprossen winzige Zweige. Wo
sich Zweige benachbarter Halme trafen, verschmolzen sie und bildeten
weitere Abzweigungen, die alle Abstände ausfüllten. Diejenigen
Zweige, die nach innen wuchsen, wurden durch das Energiefeld aufgehalten.
Sie verschmolzen immer enger miteinander bis eine kompakte Fläche
entstand, die vollkommen eben und dicht war und höchsten Anforderungen
genügte.
Verzweigungen, die nach außen wuchsen, also auf keine Partner
trafen, stellten in einem bestimmten Abstand zum Energiefeld bald ihr
Wachstum ein, so daß eine unregelmäßige Oberfläche
entstand. An der Außenfläche nahmen sie die Farbe der Umgebung
an – ein Chamäleoneffekt, der die beste Tarnung ergab, die
möglich war. Die künstlichen Gebäude verschmolzen so
mit ihrer Umwelt. Außerdem härtete die Außenschicht
so weit aus, daß sie resistent gegen Wetter, statische Einwirkungen,
Druck und sogar Strahlen war.
Hier gab es nun nichts mehr zu korrigieren für die menschliche
Hand. Nach und nach erloschen die Glutringe unten an den Halmen. Es
war ein undurchdringlicher Kuppelbau entstanden.
Die letzte Aufgabe des Gerätes war das Herstellen des Einganges.
Das Spannungsfeld wurde am geplanten Eingang so moduliert, daß
die Molekularstruktur des Biomaterials an der Fläche der „Tür“
zerfiel und eine Art Kompostmasse ergab. Der einzige Nachteil dieses
Aufbauverfahrens war, daß der „Abfall“ ausgerechnet
im Eingang liegenblieb. Vor dem Einzug mußte erst „gefegt“
werden. Aber nichts ist vollkommen. Selbst die Technik der „ach
so perfekten Worgun“ war gar nicht so perfekt. Ein leises Stöhnen
entrang sich seiner Brust. Fegen – immer diese zeitvergeudenden
Arbeiten. Wozu hatte eigentlich Wallis-Industries Serviceroboter entwickelt?
In den Wohnungen der Terraner wurden Reinigungsaufgaben nur noch automatisch
erledigt. Das Leben könnte so schön sein, wenn ..... ja wenn
nicht .....
Die Biomasse gab den Eingang frei, der vorbestimmt war. Der Eingang
wurde später durch ein anderes Energiefeld geschützt, so daß
nichts eindringen konnte.
Bevor das Gerät seine Tätigkeit einstellte, fuhr der Ausleger
noch einmal aus. Am Ende befand sich eine Düse, die in etwa drei
Meter Höhe die Innenwand mit einem orange-rotem, dreißig
Zentimeter breitem Strahl bestrich. An diesem Streifen änderte
das Biomaterial seine Eigenschaften und wurde lichtdurchlässig.
Ein Leuchtband war entstanden, daß das weiss-blaue Tageslicht
durchließ und sogar genügend Lichtenergie für die Nachtstunden
„speichern“ konnte. Höhe und Breite des Streifens konnten
individuell programmiert werden.
Das Gerät beendete sein Programm und schaltete das Energiefeld
ab.
Fertig war das Planethologenhaus.
Dave Koso atmete tief durch. Ein Gebäude war aufgebaut. Der gesamte
Prozeß hatte nur etwa zwanzig Minuten gedauert. Er bereitete nun
den Aufbau der Lagerkuppel vor. Dazu mußte das Gerät in den
Mittelpunkt des neuen Gebäudes gestellt und neu programmiert werden.
Der Prozeß begann von neuem aber das Gefühl der Faszination
war verflogen. Was jetzt kam war die Aufgabe - war Routine.
Der erneute Aufbauprozeß gab ihm Gelegenheit weiter nachzudenken.
Das Bauen von Gebäuden für eine kurze Nutzungsdauer durch
Anwendung der gesteuerten Biotechnologie wurde erst seit Kurzem angewendet.
Er hatte gehört, daß das Gerät ursprünglich für
die Schwarze Garde entwickelt worden war. Für längerfristige
Einsätze wurden ähnliche Gebäude am Einsatzort errichtet.
Sie dienten der Unterbringung von Mannschaft, Ausrüstung und Material.
Diese Technik hätten sie schon bei ihrem Einsatz auf Grah gebraucht.
Die Bedingungen dort waren selbst für die Garde zu extrem.
Die vielen Vorteile dieser Technologie hatte sich aber auch schnell
bei Forschungsgruppen für ihre Bodeneinsätze durchgesetzt.
Gerüchten zufolge sollte das Prospektorenpaar Art und Jane Hooker
vom Planeten Eden ebenfalls diese neue Technik benutzen.
Die hohen Beschaffungskosten der einzelnen Geräte machten diese
so wertvoll. Wieder so eine zukunftsträchtige Entwicklung, die
in Kooperation mit dem Volk der Nogk entstanden war. Aber vor allem
die Beschaffung der Keimkörner von den Gorm war umständlich.
Nur wenige Terraner hatten Verbindung nach Küla´ und die
Gorm ließen sich ihre Technologie richtig teuer bezahlen. Aber
sie waren auch „Knauser“. Jeder Handel dauerte mehrere Tage
und tausend guter Worte. Sie wollten überzeugt werden, wieder und
immer wieder. Und immer ging es um Profit. Ein komisches Volk.